Guinea

T5 Adventure in Guinea, davor stehen Marcel und Susanne

Guinea, eins der Länder, auf die wir uns wegen der grünen Wälder und der atemberaubenden Landschaft sehr gefreut haben. Genau diese wird aber noch zur Herausforderung.

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Die Einreise war etwas chaotisch, wie immer. Unser perfektes Timing, um die Mittagszeit an der Grenze zu sein, hat perfekt mit der Mittagspause der Beamten übereinstimmt. So musste Marcel bei der ersten Polizeistation eine halbe Stunde warten, bis alle Beamten fertig gegessen hatten. Ich blieb währenddessen im Auto und wunderte mich schon. Hier wurden unsere Führerscheine kontrolliert und in ein Buch eingetragen. Die zweite Station, das Carnet abzustempeln, war auch semi-erfolgreich. Der Beamte erklärte Marcel, dass das hier nicht gestempelt wird und wir das im Ort machen müssen. 

Als wir dann endlich gemeinsam zur dritten Station gehen konnten, dem Passamt, ging es erst in ein Büro, in dem unsere Pässe abgeschrieben wurden, und dann zum Quasi-Chef. Bei unserer Übernachtung am Tag zuvor im Senegal gab uns der Vermieter eine Telefonnummer und den Namen eines Beamten an der Grenze. Dass dies der Chef sei, war uns nicht bewusst. Wir wurden aus dem Gebäude und in einen kleinen Unterstand gebracht. Hier musste selbst ich mich ducken, weil das Dach quasi bis knapp über den Boden ging. Zu sehen bekamen wir einen Beamten ohne Schuhe und Jacke, hängend in einer Hängematte. Sie war so tief gehängt, dass er fast auf dem Boden aufkam. Der Chef. 

Vor uns waren noch zwei weitere Reisende, die wild diskutierten und versuchten auszureisen. Immer wieder wechselte er die Unterhaltung zwischen den anderen und uns. Mehr mit Händen und Füßen als auf Englisch. Das Ganze ging eine Weile so hin und her, und irgendwann bekamen wir dann die volle Aufmerksamkeit. 

Das Wichtigste für den Beamten war nicht unser Visa, sondern eine Buchung in einem Hotel. Egal wann, egal wo. Aber eine Buchung. Ohne Internet diskutierten wir also ewig hin und her, bis der Beamte sich dann erbarmte und eine Telefonnummer eines Hotels heraussuchte und Marcel dort anrufen musste. Es sah gut aus, dass wir einreisen durften. 

Der Chef schickte mich daraufhin „raus“. Ich soll im Auto warten. War ja mal wieder klar: Frauen sind hier keine ebenbürtigen Gesprächspartner. Also wartete ich im Auto und hoffte, dass Marcel da wieder heil herauskam und dass wir einen Stempel in unserem Pass hatten. Eine gefühlte Ewigkeit verbrachte ich mit Warten und Abweisen der vielen Verkäufer für Allerlei Unnützes. Und irgendwann kam er dann, stieg ein und meinte nur: „Wir fahren.“ Er berichtete über den Anruf im Hotel, ein bisschen Smalltalk mit dem Chef und dass es ganz okay war. Typische Plaudertasche Marcel eben. 

Es ging weiter in Richtung Stadt. Als wir dann nach einigen Kilometern auf einmal wild mit den Händen gestikulierend von einem Beamten angehalten wurden. Wir müssen noch gescannt werden. Puh, Glück gehabt. Wir waren die Einzigen und das Scannen ging schnell und unproblematisch. Auf eine Frage hin, was sie denn suchen würden (mir war bewusst, dass unsere Drohende einfach im Bus lag, ohne verräumt zu sein), meinten die Beamten nur alles, was nicht gut ist. Sehr ausführlich. Mein größtes Kompliment bekam ich von einem der Beamten beim Scanner. Er hat noch nie so eine kleine, dicke, weiße Frau gesehen. Ich nehme es einfach als Kompliment auf. Immerhin waren alle sehr nett.

Ein paar Kilometer weiter kam dann ein weiteres Gebäude, in das wir mussten. Hier wurde unser Carnet abgestempelt. Anschließend mussten wir noch in ein Gebäude und unser Visa abstempeln. Mit der Aussage, dass wir zwar das Visa in den Pass bekommen, aber abgestempelt werden muss esam Flughafen. Alles klar. Wir fuhren also weiter, bis uns auffiel, dass der Flughafen, der laut Google direkt daneben war, nicht kam. Also wieder umdrehen, zurück und nochmal fragen, wo wir genau hin müssen. Diesmal ging ich alleine und erklärte dem Beamten, dass wir nicht genau wissen, wo der Flughafen ist und was wir machen sollen. Mein ahnungsloser Blick erweichte den Beamten und er gab uns seine Telefonnummer, falls wir am Flughafen – in der Hauptstadt – Probleme haben sollten.

Weiter geht es mit dem unterwichtigsten To Do bei Grenzübergängen. Wir brauchen eine neue SIM-Karte. Nach etwas Suchen haben wir auch einen Shop gefunden und Marcel klärte die SIM-Karten-Angelegenheiten. Während ich im Bus auf ihn wartete, fiel mir ein Radfahrer am Straßenrand auf.

JA!, ein Radfahrer. Er aß sein Mittagessen und sah so aus, als würde er schon eine Weile unterwegs sein. Als er dann auch noch einen Fahrradhelm in Italienfarben aufzog, dachte ich mir, er ist bestimmt ein Tourist. Ich wollte ihn ansprechen, war mir dann aber unsicher. Er fuhr davon und im gleichen Moment ärgerte ich mich, es nicht gemacht zu haben. Marcel kam aus dem Laden und ich berichtete ihm von der Begegnung. Wir erledigten noch einen kleinen Einkauf und besorgten Bargeld. Der Radfahrer ging mir nicht aus dem Kopf, und so meinte ich zu Marcel: Wie cool wäre es, wenn wir ihn hier auf der Straße wiedersehen würden?

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Wie das Leben so manchmal spielt, tauchte einige Kilometer später eine Gestalt am Horizont auf, die aussehen könnte wie ein Radfahrer. Und ja! Er war es. Wir fuhren langsam näher und ich ließ das Fenster herunter. Hi, I saw you in the City. Are you from Italy? Quatsche ich ihn an, während er weiterradelte. »Ich hab euch auch gesehen.« Antwortete er. Was hatten wir für ein Glück? Nach einem Minigespräch verabredeten wir uns, in ca. 20 Kilometern gemeinsam die Nacht zu verbringen.

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Und ja, 20 Kilometer später standen wir dann da, hinter einem kleinen Hügel und Bäumen, wartend auf den fremden Fahrradfahrer. Ich überlegte schon, was wir kochen könnten und wie lange er wohl brauchen würde. Marcel war entspannt und quatschte erstmal einen Sprachnachricht an einen Arbeitskollegen. Und mitten im Nachricht quatschen kam er mit seinem Rad um die Kurve gefahren. Wir hatten einen super unterhaltsamen Abend. 

Marc – der Radfahrer – hat erst mal eine Dusche an unserem Bus genommen. Wir aßen Pasta und Salat, bestaunten Marcs Ausrüstung und waren gefesselt von seinen Erlebnissen. Seit 2,5 Jahren ist er mit dem Rad unterwegs und hat so einiges erlebt.

Eine entspannte Nacht später machten wir uns an die Weiterfahrt. Marcs Ziel war dasselbe, aber in einem anderen Tempo. Wir tauschten Nummern und vernetzen uns via Instagram.

Hier geht es zu Marc seinem Instagram: bikeaway91

Was für ein Zufall, am gleichen Tag die Grenze überquert und sich schlussendlich auf der Straße getroffen zu haben.

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Um möglichst viel vom Land und der Natur zu sehen, entschlossen wir uns, zur Hauptstadt nicht die Route über die Ost-Süd-Straße zu nehmen, sondern über West-Süd. Die ganzen Minidörfer auf dieser Strecke erspare ich euch. 

Zu Beginn war es eine super asphaltierte Straße, irgendwann änderte sie sich in eine Sandstraße oder auch Gravel Road, und irgendwann wurde es einfach nur noch schlimm. Über Worte wörtlich Stock und Stein ging es mit knapp 15 km/h Höchstgeschwindigkeit. Wie weit diese Straße so schlecht sein würde, wussten wir nicht. Etwas beruhigt waren wir von den LKWs, die ebenfalls diese Route fuhren und uns immer wieder entgegenkamen. Genervt, verzweifelt und platt suchten wir uns einen Schlafplatz hinter einem Erdhaufen direkt neben der Straße. 

Das war auch der Abend, an dem Marcel das erste Mal unseren Bus aufbockte und das linke Vorderrad abmontierte. Seit Marokko hatten wir da so ein Geräusch… Und auf der heutigen Straße mit knapp 200 Km war es exponentiell schlimmer geworden. Auf dem Foto seht ihr unseren Stellplatz, den 1A-sicher aufgebockten Bus und unsere nicht mehr vorhandenen Nervenfäden. Mittlerweile war es 19 Uhr. Kurz und knapp: Marcel hat das Problem gefunden und hoffentlich behoben. Die Klammer zwischen den Bremsbelegen war nicht richtig geklemmt. Es sollten 300 Km auf dieser Straße werden, bis wir wieder Asphalt unter den Reifen haben.

 

In Conakry angekommen mussten wir erstmal zum Flughafen, denn nur hier gibt es den Aufkleber, der in die Reisepässe kommt, auf dem das Visa aufgedruckt ist. Easy. Innerhalb von 20 Minuten hatten wir geparkt, Fotos gemacht, unseren Aufkleber und waren wieder draußen.

Und ich habe jetzt ein Foto von mir im Reisepass, auf dem mein Gesicht zwei Farben hat. Rechts die normale Hautfarbe und links das Rot vom Sand. Es ist hier nämlich so heiß, dass man mit offenem Fenster fahren muss, und der ganze Dreck und Sand von den Straßen in meinem Gesicht sichtbar war. Ach ja, auch mein T-Shirt ist zweifarbig. Der Beamte meinte noch, ich solle mit dem T-Shirt übers Gesicht wischen – hat es aber nicht besser gemacht. 

Aus dem Flughafen ging es zu unserem Hotel. Auswahlkriterium hierfür: Gesicherter Platz für unseren Bus, Internet und nicht allzu heruntergekommen. Und so landeten wir in einem der Luxushotels in Conakry. Den Luxus von einer Dusche nutzen wir als Erstes. Morgens einfach zum Frühstücksbuffet zu schlappen, ist schon toll. 

Wir putzten den Bus, klärten unsere Visa-Angelegenheiten und lernten im Hotel ein weiteres Camperpaar kennen. Mit unserem gelben Bus sind wir schon relativ auffällig, und so kam es auch zu einem Gespräch mit einem der Hotelgäste, wo wir den hinwollen und warum überhaupt. Es stellte sich heraus, dass es der Botschafter von DRC Kongo ist und er uns gerne bei Problemen helfen würde. Er kennt einige Botschaften und wir sollen uns einfach bei ihm melden. Mehr als verdutzt standen wir vor unserem Bus, beide eingesaut vom Sand der letzten Tage, und konnten es so gar nicht glauben.

An unserem zweiten Tag im Hotel trafen wir ganz zufällig den Manager beim Frühstück. Er war ziemlich beeindruckt von unserer Reise und bot ebenfalls seine Unterstützung an. Total verrückt, wie viele Menschen wir getroffen haben, die uns direkt helfen wollten.

Nachdem wir ein paar Tage später endlich unseren Visa-Sticker für Ghana in den Pässen hatten, ging es weiter Richtung Grenze Ghana. Wir verbrachten die Nacht gemeinsam mit den Campern aus dem Hotel, aßen gemeinsam zu Abend und hatten eine ruhige Nacht.

Am nächsten Morgen fuhren wir weiter und nach wenigen Kilometern fiel Marcel in dem Geräusch am Bus auf, das ihm so gar nicht gefiel. Bei der nächsten Gelegenheit hielten wir und Marcel legte sich unters Auto. Was er fand, war so gar nicht gut: Die Halterung vom Stoßdämpfer zur Karosserie war gebrochen.

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Wir fragten im Dorf nach einer Werkstatt, und ein Dorf weiter sollte es eine geben.Den restlichen Tag verbrachten wir damit, unseren Bus aufzubocken und das kaputte Teil schweißen zu lassen. Mehr als chaotisch und ziemlich nervenzährend. Immerhin durften wir die Nacht vor dem Haus des KFZlers verbringen. Wir schliefen in dieser Nacht und waren froh, ziemlich früh am nächsten Tag loszufahren.

Ein weiterer Tag auf der Straße. Was eigentlich so gar nicht unsere Vorstellung der Reise ist. Wir hatten aber den Entschluss gefasst, nicht die komplette Strecke bis Südafrika zu fahren. Daher waren wir etwas im Zeitdruck.

16: 30 Uhr.

Ein ganz ganz komisches Geräusch kam da auf einmal zum Fenster herein. Ich sagte noch zu Marcel: „Das sind nicht wir!“, bis wir dann doch feststellten, dass wir es waren. Auf dem Parkplatz der nächsten Tankstelle legte sich Marcel mal wieder unters Auto. Japp. Das Rad musste wieder runter. Dieses Mal auf der anderen Seite. Der Grund: Ein Stein in der Bremse. Zum Glück war es nur ein Stein. Wir quatschten mit dem Tankstellenbesitzer und durften die Nacht hier verbringen.

Und dann kam die schönste Zeit in Geuinea.

Um unsere Stellplätze für die Nächte zu finden, nutzen wir unter anderem die App iOverlander. Und in dieser hatten wir einen Platz gefunden, der bereits von zwei Youtubern bereist worden ist, denen wir online etwas verfolgen.

Der Weg dorthin war abenteuerlich, aber für mich genau das richtige Maß von Abenteuer und gut fahrbar. Knapp 2 Kilometer ging es durch Urwald und Gebüsch. Vorbei an Kaffeepflanzen und wunderschön blühenden Büschen. Und dann waren wir angekommen, mitten im Wald eine Fußballplatz große Fläche mit Gras. 

Angekommen und direkt die Drohne geschnappt, denn es war Sonnenuntergangsstimmung. Als es dann dunkel wurde, war die komplette Lichtung voll mit Glühwürmchen. Die hatte ich noch nie gesehen und war hin und weg. Nachts fing es an zu gewittern und zu regnen. 

Gemütlich standen wir am nächsten Tag auf und richteten uns, um weiterzufahren. Und kurz bevor wir aufbrechen wollten, kam Suzann vorbei. Eine der Bewohnerinnen aus dem nahegelegenen Dorf. Wir kamen ins Gespräch und sie wollte uns unbedingt ihren Garten und ihr Haus zeigen. Wir ließen unseren Zeitplan zurück und verbrachten einen tollen Vormittag mit ihr auf den Feldern und im Dorf. Wir füllten unseren Wassertank am dorfeigenen Brunnen auf und mussten uns leider schon verabschieden. Als kleines Abschiedsgeschenk druckten wir zwei Bilder in unserem Mini-Drucker aus und schenkten es Suzanna.

Mit Tränen in den Augen fuhren wir weiter.

Vor uns lag sie, die Grenze zur Elfenbeinküste. Wir wollten Sie unbedingt noch heute überqueren.

Und so schafften wir es auch am späten Abend, einzureisen. Geuinea, wir hoffen, irgendwann zurückzukommen und mehr Zeit in diesem Land verbringen zu können.

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Dämmerung in der Elfenbeinküste

4 Antworten

    1. Das auf jeden Fall. Mansche Abenteuer sind einfacher und mache werden uns noch lange in Erinnerung bleiben. Aber Zurückblickend gesehen waren sie alle für irgendwas gut =)

  1. Es ist super immer nette Menschen zu treffen und eine gute Zeit miteinander zu verbringen.
    Die Bilder sind wieder toll . Wir hoffen das alles so gut abläuft und keine großen Probleme entstehen.
    Liebe Grüße von Renate und Georg

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